Ich habe Freude, mit anderen gemeinsam etwas zu gestalten und zu erarbeiten.
Ellen Klein
Annalinde betreibt als gemeinnützige Organisation soziale urbane Landwirtschaft im Leipziger Westen. Es gibt einen Gemeinschaftsgarten und eine Gärtnerei, wo Gemüse naturnah kultiviert wird.
Neben Bildungsangeboten für Kinder und Erwachsene bietet Annalinde eine offene urbane Werkstatt für zahlreiche Initiativen und Projekte. Wir haben uns mit Ellen Klein über das Projekt unterhalten, die schon früh zu Annalinde stieß und heute unter anderem die Kräuter-AG leitet.
Wie kamst du nach Leipzig?
Ich bin 1985 in Sachsen geboren, aber ich kann mich nicht wirklich an die DDR erinnern. Ich bin in Leipzig/Grünau in die Kita gegangen und später sind wir aufs Land nach Thüringen gezogen. Studiert habe ich in den alten Bundesländern. Ich studierte in Bayern, Baden-Württemberg und Zürich. Mein Kunsttherapiestudium habe ich in Stuttgart beendet. Dort wollte ich nicht bleiben.
Wo wollte ich hin? Leipzig erschien mir als eine besondere Stadt. Ich kannte Leipzig von Besuchen, hatte hier Freunde aus der Schulzeit und ich wusste, dass mir das gefallen wird. Das war 2010 und tatsächlich fühle ich mich hier sehr wohl. 2012 habe ich dann ein zweites Studium in Sozialer Arbeit begonnen und dies im letzten Herbst abgeschlossen.
Ist es ein großer Unterschied zu Stuttgart?
Ja, Stuttgart ist eine Autostadt. Ich bin dort gependelt, musste mit dem Zug zur Uni. Die Stadt ist ein sehr dichtes Ballungsgebiet. Es ist sehr voll. Und es zählen dort Dinge, die mir nicht so wichtig sind. Und das habe ich damals gefühlt. Hier in Leipzig ist das zum Glück anders.
Auf welche Dinge legst du Wert?
Als Studentin hatte ich nicht so viel Geld. Ich konnte nicht an so vielen Dingen teilhaben, wie ich wollte. Ich musste mich einschränken. In Leipzig ist das viel einfacher. Es gibt nicht so hohe Barrieren, was die Teilhabe an öffentlichen Dingen angeht.
Wie bist du auf Annalinde aufmerksam geworden?
Das war ganz lustig. Ich bin innerhalb von Leipzig in den Westen gezogen, war spazieren und lernte dabei Philipp kennen. Er ist mittlerweile Gärtner in der Gärtnerei von Annalinde. Auf einer Brachfläche buddelte er gerade Stöcke in Säcke ein. Und ich fragte ihn, was er da macht und er erklärte mir, dass dies Himbeeren seien und dass er mit anderen diese Fläche bewirtschaften wolle. Wir kamen ins Gespräch und er lud mich ein, doch mal zur nächsten Party zu kommen.
Damals hieß der Garten noch nicht Annaline und die Initiatoren haben abendliche Parties mit DJs unter dem Label Adams Garten veranstaltet. Als künstlerische Komponente wurden auch Bilder ausgestellt, z.B. Kressebilder. Oder es wurde gezeigt, wie Urban Gardening in anderen Städten aussieht. Das fand ich spannend. Mit der Saison 2012 sollte es richtig losgehen und ich wollte mitmachen. Die erste Gruppe war sehr klein und ich war dabei. Seit dem fühle ich mich zugehörig.
Der Garten ist für uns eine Spielwiese, ein Treffpunkt, auf dem wir uns ausprobieren können
Weißt du, wofür die Fläche vorher verwendet wurde?
Ich weiß, dass die Fläche über viele Jahre brach lag. Eigentümer ist die Stadt. Damals wollte keiner das Gelände haben. Von hier aus gibt es auch einen Eingang in das ehemalige Gewölbe des Felsenkellers. Dort fand auch einmal eine Adams Garten – Party statt.
Ein bisschen bangen wir zur Zeit, um unser Gelände. Wenn das ehemalige Victoriara verkauft würde, dann müssten wir einen Teil der Fläche abtreten, weil es einen Eingang vom Garten zum Felsenkellergewölbe gibt. Dazu gehört auch die Treppe, die wir zur Zeit nicht benutzen.
Bis wann läuft euer Pachtvertrag?
Bis Frühjahr 2017. Dann wird neu entschieden, wie die Fläche weiter verwendet wird. Wir würden gern weiterhin dort bleiben. Es haben sich auch Freundschaften innerhalb des Gartens entwickelt. Wir erleben gemeinsam Sachen, verbringen Zeit zusammen, der Garten ist für uns auch eine Spielwiese, ein Treffpunkt, auf dem wir uns ausprobieren können. Wir gestalten das zusammen. Das ist ein wichtiger Punkt.
Wohnen die Menschen, die bei Annalinde arbeiten, auch hier in der Nähe?
Ganz vereinzelt kommen welche aus anderen Vierteln. Der Großteil hat in Lindenau oder Plagwitz sein Zuhause. Ich denke es spielt eine große Rolle, wie lange die Anfahrt ist.
Wie hat der Garten Annalinde seinen Anfang genommen?
Dominik Renner, der jetzige Geschäftsführer und Jakob Ottilinger haben ein Projekt ins Leben gerufen, das Adams Gärten hieß. Die Grundidee lag darin, eine Brachfläche aufzuwerten und ein Stück weit zu zeigen, wie man ökologische Landwirtschaft in der Stadt betreiben kann. Und wie man Menschen aus der Nachbarschaft miteinbezieht, um sie aktiv teilhaben zu lassen, aktiv gärtnern zu lassen.
Mir gefällt das Wortspiel Annalinde, »an der Linde« gut.
Ich mag den Namen auch. Die Fläche liegt ja in Lindenau, also an der Linde. Und es war auch ein weibliches Pendant zu Adams Gärten.
Worauf legt Annalinde Wert? Warum wolltest du dort arbeiten?
Zum einen ist Annalinde ein Raum, ein Erfahrungs- und Erlebnisraum, der Menschen einlädt, aktiv mitzugestalten. Ohne große Vorkenntnisse zu haben, was ökologischen Anbau betrifft oder Landschaftsbau oder von der Arbeit in einem Gartenkiosk. Man steigt einfach ein und arbeitet mit. Hilft mit. Engagiert sich in der Nachbarschaft, damit etwas lebendig wird. Es geht uns auch um das Teilen. Alles was in der Annalinde wächst, wird nicht verkauft, sondern kommt der Gemeinschaft zugute. Wir ernten, wir kochen und geben Gemüse auch mal an Besucher ab, wenn wir zu viel haben.
Was ist die Gemeinschaft, wer ist damit gemeint?
Mit Gemeinschaft meine ich die Menschen, die an den offenen Tagen zu uns finden. Das müssen nicht nur Menschen aus der Nachbarschaft sein. Das sind auch Besucher oder Eltern, die ihre Kinder besuchen oder Touristen. Manche kommen nur einmal, manche regelmäßig. Darüberhinaus gibt es einen engeren Kern, die Gemeinschaft, die Verantwortung übernimmt, die den Garten bewirtschaftet. Das sind etwa fünfzehn bis zwanzig Personen.
Der Garten wirkt sich positiv auf unser Leben aus. Man kommt vom Stress runter, man kommt dort zur Ruhe
Hast du das von klein auf gemacht? Hast du das zuhause gelernt. Das schöne Wort Teilhabe, dass du benutzt, ist das ein Gedanke, den du zuhause gelernt hast? Oder durch das Studium? Warum ist es dir ein Anliegen?
Ich habe daran schon Freude mit anderen gemeinsam etwas zu gestalten und zu erarbeiten. Das ist ein tolles Gefühl, wenn sich Leute finden, die gemeinsam an einem Ziel arbeiten, etwas, was man alleine nicht schaffen würde, so eine große Fläche zu bewirtschaften. Ich bin tatsächlich auch auf dem Land groß geworden. Ich war immer der Natur verbunden und das ist etwas, was mir im Moment auch sehr wichtig ist.
Das braucht Platz in meinem Leben, in der Erde zu buddeln und mich mit etwas zu beschäftigen, was mir gut tut. Das höre ich auch von anderen, die im Garten mitarbeiten. Der Garten wirkt sich positiv auf unser Leben aus. Man kommt vom Stress runter, man kommt dort zur Ruhe.
Damals gab es ja auch schon die Nachbarschaftsgärten, hast du dir die auch angeschaut?
Ja, habe ich. Ich fand es nicht so einfach, mitzumachen. Man sagte mir, dass alles voll sei. In den Nachbarschaftsgärten hat jeder sein eigenes Beet, auch wenn es keine Zäune gibt. Bei Annalinde ist das etwas anders. Da gibt es Beete, die wir gemeinschaftlich bearbeiten. Wir teilen mehr.
Seit Winter 2013 ist die Annalinde eine gGmbH. Zu Beginn waren wir eine informelle Initiative unter der Trägerschaft des Ökolöwen – Umweltbund Leipzig e.V. Im Winter haben wir den Schritt gemacht eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen. Dazu zählen die Gärtnerei, der Gemeinschaftsgarten und andere Projekte. Im Herbst 2015 kommt noch ein Obstgarten auf der Fläche des Bürgerbahnhofs Plagwitz hinzu.
Eine gGmbH ist ja dann gar kein Verein mehr? Dann müßt ihr auch alles selbst erwirtschaften?
Die Ausgaben im Garten wie Wasser, Strom, Pacht und Ausgaben für Workshops müssen über Spendengelder sowie Einnahmen aus dem Kiosk gedeckt werden. Außerdem unterstützte uns die Stiftungsgemeinschaft anstiftung und ertomis, die uns beim Aufbau des Gartens half und auch weiter Gemeinkosten der gGmbH finanziert.
Arbeitet ihr trotzdem ehrenamtlich?
Ja, alle im Gemeinschaftsgarten arbeiten ohne Geld ausbezahlt zu bekommen. Wir sind ja eine gemeinnützige GmbH. Was jetzt erwirtschaftet wird, aus den Workshops oder Veranstaltungen, fließt auch wieder in den Garten. Es braucht immer mal wieder Neuanschaffungen, Werkzeug, Stromkabel.
Ihr habt den Gemeinschaftsgarten in mobile Hochbeete gepflanzt, seid ihr auf dem Sprung?
Ja, fast alles ist mobil. Ein paar Dinge sind direkt im Boden. So wie die beiden Gewächshäuser, die wir gebaut haben, die Fläche mit den Erdbeeren und hier und da ein paar Sträucher. Zum Teil ist fast alles mobil, weil wir den Garten so immer wieder neu gestalten können. Unser Eiswagen steht in diesem Jahr zum Beispiel an einer anderen Stelle.
Was ist der Eiswagen?
Das ist ein kleines mobiles Gartenkiosk in einem ehemaligen kleinen VW Bus. Zu den Öffnungszeiten kann man dort Kaffee und Kuchen kaufen. Wir bieten das für die Menschen an, die uns besuchen kommen. Und der Kioskwagen steht jetzt auf dem Platz, auf dem vorher der Hühnerstall war. Unsere Bäckerin achtet darauf, dass Sachen, die im Garten wachsen in die Gebäcke mit einfließen. Zum Beispiel Quiche mit Spinat, Tomaten und Basilikum, oder Rhabarberstreuselkuchen, oder Tee aus den vorhanden Kräutern.
Kommen denn viele Besucher zu euch?
Durchaus. Ich treffe immer wieder neue Leute, die aus den Medien über uns erfahren haben. Vor kurzem hat arte einen kleinen Beitrag in der Annalinde gedreht. Viele Besucher kommen auch über persönliche Einladungen von Freunden hierher.
Wie oft sind denn die Treffen, für Leute, die aktiv mitmachen wollen?
Wir treffen uns alle vier Wochen zum Plenum. Das findet Dienstagabend statt, weil am Wochenende viele keine Zeit haben. Es können auch jederzeit Neue teilnehmen. Sie können dann dort erfahren, wie wir uns organisieren.
Finden die Treffen immer hier im Garten statt?
Ja, bei schönem Wetter treffen wir uns im Garten. Wenn es regnet oder schneit, dann weichen wir auf andere Orte aus. Das Handstand und Moral in der Merseburger stellte uns z.B. letztes Jahr Räumlichkeiten zur Verfügung. Manchmal treffen wir uns auch privat zu Hause.
Und was ist mit jemandem, der mit der Organisation nichts zu tun haben will?
Der kommt am besten dienstags. Da kann er uns am besten kennenlernen. Unser Gärtner schickt uns regelmäßig über unseren E-Mail-Verteiler, was alles am dringendsten gemacht werden muss. Jemand, der einfach ein bisschen gärtnern will, der hilft uns an solchen Arbeitstagen. Zum Abschluss kochen wir auch manchmal. Jemand bringt zum Beispiel Reis mit und Gemüse gibt es ja vor Ort.
Du bist federführend bei der Kräuter Arbeitsgemeinschaft. Was bedeutet das?
Wir sind ein fester Kern in der Kräuter-AG, der sich einmal im Monat trifft und arbeitet. In den Wintermonaten planen wir Veranstaltungen und Workshops für die Saison geplant. Diese Termine müssen wir mit den anderen AGs absprechen, damit es zu keinen Überschneidungen kommt.
Im Mai gab es zum Beispiel eine Kräuterwanderung im Auenwald. Im Juli gab es einen Naturkosmetik-Workshop, in dem wir ein Kräutershampoo, eine Creme und ein Peeling mit Lavendel und Espresso hergestellt haben. Jeder Workshop ist ein Experimentierfeld, wir können uns inhaltlich sehr frei bewegen.
Wer hat die Kräuterwanderung gemacht?
Eine Heilpraktikerin ist mit den TeilnehmerInnen in den Auwald gegangen. Später kamen sie dann in den Garten. Dort gab es einen Kräutersalat und Getränke zur Verkostung und als Ausklang. Mittlerweile lassen wir die Workshops über Anmeldungen laufen, damit wir uns besser vorbereiten können. Unsere Kräuter-AG-Veranstaltungen sind bisher sehr gut angekommen.
Das sind dann Termine, die ihr über die Website veröffentlicht?
Und auch über Facebook. Wir hatten auch mal Flyer für Workshops, aber wir beschränken uns im Moment auf das Jahresprogramm. Und am Garten gibt es auch ein großes Schild. Darauf findet man die kommenden Veranstaltungen. Wie zum Beispiel die jetzt stattfindende Mundraubaktion. Ein Bundesfreiwilligendienstler organisiert eine Fahrradtour in den Leipziger Westen nach Grünau. Sie wollen Streuobst sammeln und es dann anschließend im Garten weiter verarbeiten.
Letztes Jahr gab es die »Annalinde Akademie«, die zu verschiedenen Themen, wie dem »Cradle-to-Cradle-Prinzip«, biologisch abbaubares Design und Kreislaufwirtschaft, einen Vortrag und einen Workshop konzipierten. Es wurden zwei Designer aus Hamburg eingeladen, die ihren 3D-Drucker mitbrachten und einen Kurs zum 3D Drucken gaben. So konnten wir ein paar Dinge reparieren, die kaputt waren. Am Sonnenschirm fehlte beispielsweise ein Teil, das wir nachgedruckt haben. Die Akademie ging über vier Wochenenden. In der GFZK gab es abends einen Film zu dem jeweiligen Thema und am Tag darauf kam ein Referent zu uns, der etwas zum Thema Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, regenerativen Energien und alternative Wirtschaftsmodellen erzählte.
Annalinde spricht eine jüngere Zielgruppe an. Es kommen viele junge Leute aus Plagwitz und Lindenau
Urban Gardening ist ja ein ziemlicher Trend. Wodurch unterscheidet sich Anna Linde von anderen Projekten?
Schwierige Frage. Ich habe schon andere Projekte in anderen Städten kennengelernt. Jeder Garten hat seinen eigenen Charakter. Wir unterscheiden uns in einigen Punkten zu den Nachbarschaftsgärten oder dem Gemeinschaftsgarten Querbeet, haben aber doch ähnliche Ziele. Annalinde spricht vielleicht eine jüngere Zielgruppe an. Es kommen viele junge Leute aus Plagwitz und Lindenau. In den Nachbarschaftsgärten haben viele schon Familie. Wir haben trotzdem alle das Ziel, urbane Landwirtschaft in die Stadt zu bringen und im kleinen Rahmen Gemüse anzubauen. Auch um zu zeigen, wann die Erdbeeren reif sind und dass die Kartoffeln angehäufelt und die Tomaten ausgegeizt werden.
Ausgegeizt? Was heißt das?
Das habe ich von meiner Oma gelernt, man knipst die kleinen grünen Auswüchse raus, damit die Tomate in die Höhe wächst und sich nicht so sehr verzweigt, damit die Kraft in die Blüte geht und sie mehr Früchte trägt.
Annalinde ist wie ein Bildungsgarten. Ich lerne so tolle Dinge ohne Geld dafür bezahlen zu müssen
Hast du jemals mit einem Kleingarten geliebäugelt?
Hin und wieder. Wenn ich Freunde in ihren Kleingärten besuche, dann finde ich es schön, so sein eigenes kleines Idyll zu haben, sich nicht auf Kompromisse zu einigen und so weiter. Aber das bedeutet auch viel Verantwortung, gerade im Sommer da zu sein und zu gießen. Im Moment bevorzuge ich die Form des Gemeinschaftsgartens. Auch mal so in den Garten zu kommen und zu wissen, dass ich jetzt nicht arbeiten muss, hat schon etwas Befreiendes. Unser Garten lastet auf vielen Schultern und nicht nur auf meinen. Es ist ein Mehrgewinn im Gemeinschaftsgarten zu arbeiten. Ich lerne viel über das Zuschauen. Wir haben auch Gärtner, die das Ganze gelernt haben und dieses Wissen an uns weitergeben. Hätte ich einen Garten allein, müsste ich mir das auch alles selbst aneignen. Indem wir das vor Ort gemeinsam tun, ist es wie ein Bildungsgarten. Ich lerne so tolle Dinge ohne Geld dafür bezahlen zu müssen.
Dieses Jahr gibt es wieder Abendessen im Garten, wer kocht?
Profiköche. Das letzte Mal kamen über achtzig Menschen. Gekocht wird im Garten mit Gemüse, Honig und Kräutern aus dem Garten. Ich habe erst einmal an einem Dinner teilgenommen. Es war sehr lauschig unter freiem Himmel zu speisen, sich Zeit zu nehmen. Der Abend klingt ganz langsam aus und wir essen unser frisches Gemüse direkt aus dem Garten. Das ist schon etwas Besonderes.
Du hast das zweite Standbein, die Gärtnerei schon erwähnt. Lag die Gärtnerei auch brach?
Die Gärtnerei gehörte der Familie Toepel. Die Annalinde arbeitete dort bereits seit Herbst 2012 neben Toepels bis zu deren Rente im August 2014. Seit letztem Sommer wird sie komplett von der Annalinde betrieben.
Euer Jungpflanzenverkauf heißt Prinz Charles, seid ihr Freunde des englischen Königshauses?
Prinz Charles hat einen grünen Daumen und setzt sich in Groß-Britannien für ökologische Landwirtschaft ein. Es gibt auch einen Dokumentarfilm, Der Bauer und sein Prinz. Er lief in Leipzig im Prager Frühling. Wir haben Prinz Charles als Schutzpatron auserwählt, weil er grüner ist, als man denkt.
Bleibst du in der Stadt? Oder hast du schon Pläne wieder aufs Land zu ziehen?
Ich bin von der Karl-Heine-Straße an das Ende von Lindenau gezogen und jetzt fühle ich mich wieder sehr wohl. Mir war es zuletzt auf der Karl-Heine zu laut. Da habe ich gemerkt, dass ich abends meine Ruhe brauche und ich bevorzuge Frischluft im Schlafzimmer. Richtig aufs Land zieht es mich nicht. Ich bin in Leipzig gut integriert, habe hier meine Freunde. Ich vermisse hier gerade nichts. Leipzig bleibt meine Wahlheimat.
Gab es eigentlich einen Grund, warum du Kräuter gewählt hast?
Sie haben mich mehr gefesselt als die Kartoffeln und die Tomaten. Ich beschäftige mich auch mit Heilpflanzen und Heilpflanzenkunde. Ich möchte in ferner Zukunft eine Ausbildung zur Heilpraktikerin machen. Und ich sammele leidenschaftlich gerne, da passte das mit Kräutern einfach.
Gibt es ein Lieblingskraut?
Brennnessel enthält viele tolle Inhaltsstoffe. Eisen, Calcium, Kieselsäure und so weiter. Die Brennnessel habe ich quasi für mich entdeckt, zur Entschlackung und Entgiftung. Das ist so eine vielfältige Pflanze. Im Frühjahr habe ich eine Brennnesselkur gemacht mit Tee. Oder man nimmt sie für Shampoo. Und mittlerweile esse ich es auch als Salat.
Wie machst du das dann? Mit den Widerhaken?
Ich nehme die Spitzen von oben, pflücke sie, da sind die Haken noch weich. Das brennt zwar auch, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Es tut nicht mehr so weh wie am Anfang. Ich schneide die Brennnessel ganz klein und vermenge sie mit anderen Kräutern und Salat. Sie enthält all diese Antioxidantien, die gerade so gehypt werden, sie sind alle in der Brennnessel. Das war meine Entdeckung dieses Jahr. Aber ich liebe auch alle anderen Kräuter. Ich finde die Mischung ist gut. Und bunt sollte es sein, so wie der Garten. Kräuter sprechen auch viele Sinne an. Sie lassen einen aber auch in Ruhe.
Was wünschst du dir für die nächsten Jahre?
Mein Wunsch ist es, dass wir noch ein paar Jahre auf der Fläche bleiben können, also dass der Pachtvertrag verlängert wird. Und dass wir als Gemeinschaft weiter an uns arbeiten. Und ich würde mir noch mehr konstante Mitmacher wünschen. Dass wir eine Gruppe sind mit Verlässlichkeiten, sodass es auch in Zukunft weiter geht.
Info
Ellen Klein wurde in Lichtenstein (Sachsen) geboren und zog nach Leipzig, nachdem sie ihr Kunsttherapiestudium in Stuttgart abschloss. Sie gehört seit 2012 zum festen Kern von Annalinde und leitet unter anderem die Kräuter-Arbeitsgemeinschaft.Credits
- Das Interview führte Petra Mattheis
- Fotos von Regentaucher